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Künstlerserien


AMIN YOUSEFI

Eyes Dazzle as They Search for the Truth

Die iranische Revolution hallt in diesem Projekt nach, das sich mit den Spuren der damaligen Revolutionäre beschäftigt. Wie ein Detektiv geht der Fotograf damaligen Fotos mit der Lupe zu Leibe und hebt Einzelpersonen aus der Geschichte heraus, die vor fünfzig Jahren, in einem entscheidenden Moment der Geschichte, aus der Menge herausschauten und in die Linse der Kamera starrten.

So fungiert die Lupe als Brücke in die Gegenwart. „Es scheint, als hätte der Blick der damals Porträtierten jahrzehntelang auf meine Augen gewartet. Sie wollten mit einer Kamera in die Geschichte eingehen, und ich versuchte, ihrem Wunsch nach Unsterblichkeit gerecht zu werden …“

HUSEYIN OVAYOLU

Uprooted

3. PREIS

Die Erkundung der Welt, in die ich hineingeboren wurde und in der ich aufgewachsen bin, wurde für mich zu einer siebenjährigen fotografischen Reise, die mich am Ende durch zwölf Länder führte. Während dieser Reise begannen in meinen Fotos Fragen darüber aufzutauchen, wo Heimat wirklich ist und was es bedeutet, ohne Heimat zu sein (engl. ‚uprooted‘ = ‚entwurzelt‘).

Ich versuchte herauszufinden, was weit weg von mir und was nah ist. Mit dem Ziel, das Land meiner Geburt und seine Umgebung zu entdecken, überquerte ich sowohl die von Menschenhand gezogenen Grenzen als auch die unsichtbaren Grenzen in meinem Kopf.

FRANK KREMS

Spezial Operation

1. PREIS

Der 24. Februar 2022 stellte nicht nur den Endpunkt eines politischen Versagens und den Beginn einer neuen menschlichen Katastrophe in der Ukraine dar. Es war auch ein Datum, das mich ganz persönlich angriff. Die Aufnahmen jeder abgefeuerten Kanone, jeder getroffene Panzer, die zerstörten Häuser, die Menschen, die alles verloren haben, gingen mir durch Mark und Bein. Die Orte, von denen nun zu hören und zu lesen war, waren Orte, die ich aus Erzählungen kannte. Mir wurde zum ersten Mal bewusst, dass der Russlandfeldzug, an dem mein Vater als Soldat teilgenommen hatte, tatsächlich in der Ukraine stattgefunden hatte …

Ausgangspunkt dieser Serie sind POV-Reels der Soldaten und Drohnen, die auf den diversen einschlägigen Social-Media-Kanälen zu finden sind, und aus denen ich mittels Screenshot gezielt einzelne Momente extrahierte. Über Bearbeitungen und Verfremdungen der so gewonnen Bilder versuchte ich, singuläre Schicksale abzubilden, die eigentlich nicht darstellbar sind. Dabei lehnt sich die Arbeit bewusst an Goyas »Desastres de la Guerra« und Otto Dix’ »Der Krieg« an, die jeweils und zu ihrer Zeit diese sinnlosen Schrecken auf das eindringlichste beschrieben.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

XIAOFU WANG

The Tower

Der Genex Tower in der serbischen Hauptstadt Belgrad ist eine bauliche Ikone des ehemaligen Jugoslawien. Das riesige brutalistische Bauwerk besteht aus zwei Türmen, die durch eine Brücke verbunden sind, und ragt über den Rest der Stadt hinaus. Vom Architekten Mihajlo Mitrović in den 1970er Jahren entworfen, besteht die linke Seite des Gebäudes aus 30 Etagen mit Wohnapartments, während der Geschäftsturm auf der rechten Seite als Hauptsitz des inzwischen nicht mehr existierenden Handelsunternehmens Generaleksport diente.

Die labyrinthischen Büronetzwerke im Geschäftsturm beherbergten Dutzende von Tochterunternehmen, und das Restaurant im obersten Stockwerk war Schauplatz wichtiger Geschäftstreffen. Heute sind nur noch zwei der Etagen belegt. In dem Wohnturm dagegen leben Hunderte von Bewohnern ihre täglichen Routinen und persönlichen Dramen aus.

Teenager verlieben sich, ein Wachmann verfasst eine Science-Fiction-Novelle, ein Computeringenieur malt Mondrians in entlegene Ecken des Gebäudes…

NAZANIN HAFEZ

Discrete

RESIDENZPREIS 2024

Heute ist selbst nachts niemand mehr wirklich allein in seinen eigenen vier Wänden. Als ständige Begleiter saugen uns die digitalen Medien in die virtuelle Welt. Durch sie fühlen wir uns gebraucht, geliebt und unterhalten. Gefühle von Sicherheit, sozialer Verbundenheit und Gemeinschaft werden simuliert, während wir in Wirklichkeit einsam sind. Im Zeitalter von ChatGPT erscheint dieser Widerspruch noch grotesker. Wir teilen unsere intimsten Gefühle mit Maschinen, weil uns in der realen Welt die Gesprächspartner fehlen.

Die Fotoarbeit zeigt Menschen in ihrer privaten Atmosphäre, beim Surfen im Internet, beim Chatten und Fernsehen. Die Bildschirme stellen die einzige Lichtquelle dar.

NATALIA KEPESZ

The Iron Curtain

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich mitten in Europa wieder ein Eiserner Vorhang geschlossen. Wie fühlt es sich heute an, Russland als Nachbarn zu haben? Was bedeutet es, jetzt zu leben, in dieser Zeit, im Schatten dieses Vorhangs? Wie sieht der Alltag dieser Menschen aus?

Auf einer Reise durch fünf Länder, von Estland bis in die Ukraine, begegnet die Künstlerin jungen Menschen, die gezwungen sind, ihre Lebensentwürfe zu ändern, und Alten, die eine Wiederholung der Geschichte fürchten. Sie nimmt uns mit auf diese Expedition an die seelische Bruchkante unseres Kontinents.

ANJA ENGELKE

Sleeping by the Dataflow

Eine künstliche Intelligenz (KI) lernt anhand von Millionen von Bildern aus dem Internet, die Welt zu analysieren. Anschließend erstellt die KI ihre eigene Version eines Bildes auf Grundlage dessen, was sie „gesehen“ hat.

Die Künstlerin nutzt die KI als Werkzeug, um die ikonischen Fotografien des amerikanischen Fotografen Alec Soth neu zu interpretieren. Sie lässt die KI zuerst Schlüsselwörter, sogenannte ‚Prompts‘ (s. die beigestellten Texte), auf Grundlage von Soths Serie »Sleeping By the Mississippi« erstellen. Die gleiche KI generiert dann neue Bilder aus den Prompts. Die Künstlerin greift weder in die Vorgaben ein, noch verändert sie etwas an den generierten Bildern.

LAURA PANNACK

The way home from school

Der Heimweg von der Schule – das ist ein einfacher, nostalgischer, universeller Vorgang, den wir alle kennen. Dieser tägliche Heimweg bringt in Südafrika, wo die allgegenwärtige Bedrohung durch Gangkulturen allgegenwärtig ist, jedoch seine ganz eigenen Herausforderungen mit sich. Jugendliche in den ‚Cape Flats’, einem dicht besiedelten Wohngebiet für schwarze Südafrikaner in der Provinz Westkap, sind auf diesem Weg jeden Tag beispielsweise der Gefahr ausgesetzt, ins Kreuzfeuer rivalisierender Banden zu geraten.

Die Künstlerin hat für diese Arbeit mit den jungen Menschen zusammengearbeitet, die auf den Bildern zu sehen sind. Sie haben sich Kameras, Fototechniken und -bearbeitung geteilt, um diese Geschichte zu erzählen.

MAUREEN DRENNAN

Island Kingdom

In diesen Fotografien blättert sich die Welt der kleinen Inselgemeinschaft von Broad Channel (New York City) auf, meist gesehen durch die Augen der jungen Frauen und Mädchen, die dort leben. Broad Channel ist ein Arbeiterviertel, das Leben hier ist vom Wasser geprägt, anfällig für Stürme, Gezeiten, Wetterwechsel und dennoch in unmittelbarer Nähe zur großen Metropole NYC.

Einige Monate, bevor der Hurrikan Sandy diese Gemeinschaft verwüste, begann die Fotografin die Lebensweise der jungen Menschen in der fragilen Phase zwischen Jugend- und Erwachsenenalter zu dokumentieren. Durch den Sturm verloren viele Familien ihre Häuser. Der mühsame Wiederaufbau unterstreicht den Konflikt, der mit dem Leben am Wasser einhergeht – insbesondere, wenn Wegziehen keine Option ist.

LUDOVICA BASTIANINI

The Cruelty of Grace

Alchemie schafft eine Beziehung zwischen unserer inneren und unserer äußeren Welt. Mit dieser Arbeit schafft die Künstlerin eine Poesie ihrer äußeren Welt, der toten Gegenstände, der historischen Erinnerungen und der damit verbundenen Gefühle.

Während sich die physische Alchemie mit der Veränderung und Transformation der Eigenschaften der physischen Welt befasst, geht es bei der spirituellen Alchemie darum, das spirituelle Selbst von Ängsten, einschränkenden Glaubenssystemen und mangelnder Selbstakzeptanz zu befreien. Kann sich Schmerz in Schönheit verwandeln?

Im gegenwärtigen Klima Italiens, mit der neuen rechtsgerichteten Regierung, die den Weg zur Emanzipation der Frauen und die Rechte, die sie bereits erobert haben, ernsthaft bedroht, scheint es wichtiger denn je, sich zu erinnern: woher wir kommen, wer wir waren, was wir erreicht haben, und was wir zu verlieren riskieren.

LOUIS ROTH

Fata Morgana

»Fata Morgana« untersucht, wie die neue, bisher noch namenlose ägyptische Verwaltungshauptstadt seit 2015 als surreale Kulisse entsteht. Sie wurde für Millionen von Menschen konzipiert und ist Ägyptens steingewordenes Streben in die Moderne.

Doch es bleiben Fragen hinsichtlich Machbarkeit und Zwecks dieses megalomanen Projekts. Inmitten der kargen Landschaft strahlt das Stadtbild mit seiner surrealen Architektur Erhabenheit und Kontrolle aus. Obwohl die Ministerien ihre Arbeit bereits aufgenommen haben, während nebenan noch Tausende von Bauarbeitern schuften, ist die Bevölkerung der

Stadt nach wie vor quasi gleich Null. Viele Arbeiter pendeln täglich über weite Strecken, was die Diskrepanz zwischen den Bestrebungen der Stadtplaner und der Realität vor Ort unterstreicht.

Um Zugang zu verschiedenen Orten in der neuen Hauptstadt trotz der verschärften Pressebeschränkungen zu erhalten, präsentierte ich mich als Eventfotograf und Architekturstudent. Zwei Nächte in Polizeigewahrsam unterstrichen die Herausforderungen der unabhängigen Berichterstattung über dieses Regierungsprojekt.


LOUISE AMELIE

Missing Member

Was bedeutet Migration für die, die zurückbleiben?

Auf der Landkarte schmiegt sich Kirgisistan unauffällig neben Kasachstan und China, doch auf dem Boden scheinen die Weite und Höhe der Berge endlos. Im Gegensatz zur Naturschönheit sprießen in der Hauptstadt Bischkek Plattenbausiedlungen aus dem Boden. Hier lebt eine junge Bevölkerung, die trotz aller Widrigkeiten der postsowjetischen Realität der Welt mit großem Selbstvertrauen gegenübersteht …

Louise Amelies dokumentarische Fotoserie ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem globalen Phänomen der Migration und den vielen Facetten, die in der europäischen Migrationspolitik ignoriert werden.

LESHA PAVLOV

Thread the Needle

Meine Oma starb genau an meinem Geburtstag. Ich habe ihre Wärme und Fürsorge gespürt, bis ich 27 Jahre alt war.

Was weiß ich überhaupt über sie? Zu meiner Schande nicht sehr viel, obwohl ich sie lange als meine engste Bezugsperson betrachtete.

Ich muss sie wieder kennenlernen. Nicht als eine Person, die ich liebe, weil das meine Oma ist, sondern einfach als Person. Menschen, Gegenstände, meine eigenen Erinnerungen und die Handwerkstechniken meiner Oma werden viel erzählen. Perle für Perle, Stich für Stich… (engl. ‚thread the needle‘ = ‚Führe den Faden ein’)

INA SCHOENENBURG

Blickwechsel

Familie ist schwer zu erklären. Hier findet man idealerweise die Geborgenheit und den Freiraum, sich zu entwickeln und schließlich man selbst zu werden. Man kann sie sich indes nicht aussuchen und ihr auch nicht aus dem Weg gehen. Sie sitzt tief in uns drin, manchmal tiefer, als wir es uns wünschen.

Über einen Zeitraum von dreizehn Jahren hinweg habe ich meine Eltern, meine Tochter und mich fotografiert. Diese Fotos zeigen, wie wir zueinander stehen, wie wir miteinander umgehen. Sie handeln vom Alltag meiner Eltern, aber auch davon, wie wir – meine Tochter und ich – uns darauf beziehen, wie wir darin wirken.

Ich wollte eine Geschichte erschaffen, die über persönliche Befindlichkeiten hinausgeht. Eine Geschichte, die vom Erwachsenwerden und Erwachsensein erzählt, von Nähe und Distanz in einer Familie, von Sehnsüchten, verschütteten Ängsten, unausgesprochenen Spannungen und natürlich von der Einzigartigkeit und seltsamen Liebe, die Eltern für ihre Kinder empfinden und umgekehrt. Egal, wie man zur Familie steht, eins ist klar: an ihr arbeitet man sich ab.

GERLINDE MIESENBÖCK

autres

Historisch gesehen war das Porträt ein Privileg der Reichen und Mächtigen. Die Fotografie hat dieses Genre demokratisiert. Diese Arbeit setzt sich kritisch mit der Porträtfotografie im digitalen Zeitalter auseinander. Während viele Menschen mittels der sozialen Medien nach öffentlicher Anerkennung suchen, sorgen sich andere um ihr Recht auf Privatsphäre und die Verwendung ihrer Bilder.

In »autres« werden Porträtfotos durch Computersoftware retuschiert. So befreit die Künstlerin ihre Motive von den Aspekten, die das individuelle Porträt erst persönlich machen: Haut und Haar… Der fast unheimliche Eindruck dieser scheinbar so edlen, aus der Zeit gehobenen Bilder, festgehalten hinter glänzendem Plexiglas, verweist auf die Vergänglichkeit unseres Lebens.

KATJA FELDMEIER

Love Crisis Fuck Boys

„Die Liebe kommt nicht aus Berlin“ ist eine Single der Neuköllner Band Brutalismus 3000. Die erste Textzeile des Liedes lautet: „Alles was ich seh ist Schmerz“. Kontaktanzeigen, unerfüllte Sehnsucht, zärtliche Nächte in Lonely Heart Hotels – der silberne Faden, der diese kaputte Welt gerade noch zusammenhält, könnte unsere Hoffnung sein, Liebe zu finden…

Mit diesen Bildern fragt die Fotografin, wo sich die Liebe in den heutigen konfliktgeladenen und ungewissen Zeiten versteckt. Wie funktioniert Dating zwischen Klimakatastrophe, Inflation und Krieg? Tut die Liebe auf Tinder anders weh?

Sämtliche Künstlerserien sind auch in unserem aktuellen Katalog zu finden.